Täter*Innen

SS-Angehörige

Die SS war maßgeblich verantwortlich für die im Außenlager Penig begangenen Verbrechen. Sie bewachte das Lager und die Frauen und war für die Durchführung der Zähl- und Strafappelle im Lager zuständig. Ranghöchster SS-Offizier und damit zugleich sogenannter „Lagerführer“ oder „Kommandoführer“ war SS-Hauptscharführer Josef Ebenhöh. Ebenhöh wurde 1914 als fünftes eheliches Kind von Johann Ebenhöh und seiner Frau Katharina Ebenhöh im damaligen Sudetenland geboren und absolvierte die Volksschule bis zur achten Klasse. Bis 1933 arbeitete er in seinem Heimatort Semeschitz. Im April 1935 trat er in die Sudetendeutsche Partei ein, einer Partei in der Tschechoslowakei, in der sich Teile der dort lebenden deutschen Minderheit organisiert hatten und die sich ideologisch am Nationalsozialismus orientierte. Im November 1938 wurde er Mitglied der SS und beantragte auch direkt die Aufnahme zur Waffen-SS, nachdem er zwischen 1936 und 1938 im tschechoslowakischen Heer gedient hatte. Im März 1939 folgte schließlich die Einberufung zur SS-Totenkopfstandarte III „Thüringen“, die in Buchenwald stationiert war.

Im Herbst 1939 meldete er sich freiwillig zu einer Division, die dann am sogenannten Westfeldzug206 der Wehrmacht im Mai und Juni 1940 beteiligt gewesen war. Zwischen 1940 und 1942 nahm er zudem an verschiedenen Kampfhandlungen in Osteuropa teil. Dabei wurde er mit mehreren Orden ausgezeichnet, u.a. mit der sogenannten Medaille für die Winterschlacht 1941/42 angesichts seiner dabei erlittenen Verletzungen. Bevor er nach Penig abkommandiert wurde, konnte er also auf eine gewisse Laufbahn innerhalb der SS blicken. Vor seinem Einsatz in Penig war Ebenhöh schon im KZ-Außenlager Bad Langensalza für das Konzentrationslager Buchenwald tätig gewesen. Sowohl in Bad Langensalza als auch in Penig – zwischenzeitlich war er im Konzentrationslager Sachsenhausen eingesetzt – hatte er das Amt des sogenannten Lagerführers inne. Zwar war er hierbei nicht selbst für die unmittelbare Durchsetzung der Zwangsarbeit zuständig, ihm unterstanden aber die Mannschaftsdienstgrade sowie die Aufseherinnen des SS-Gefolges.

Die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen Ludwigsburg ermittelte nicht nur gegen Ebenhöh, sondern auch gegen andere, ihnen damals noch gänzlich unbekannte SS-Angehörige, die im Außenlager Penig tätig gewesen sein sollen. Hauptsächlich beauftragte die Zentrale Stelle Mitarbeiter_innen auswärtiger deutscher Generalkonsulate, um Überlebende des Außenlagers Penig zu vernehmen, deren Aufenthaltsorte sie über die Jahre hinweg ermitteln konnte. Dabei fanden sie die Namen von etwa drei Dutzend Frauen, von denen einige etwas über ihre Zeit als Zwangsarbeiterinnen aussagten. Die Ermittler_innen waren insbesondere an Namen von SS-Personal und Aufseherinnen sowie möglichen begangenen Verbrechen interessiert. An verwertbare Details konnten sich laut der vorliegenden Aussagen jedoch nur wenige der Befragten erinnern.

Erschwert wurden die Untersuchungen zudem durch die Teilung Deutschlands. So erhielten die Ermittler_innen der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltung im baden-württembergischen Ludwigsburg erst 1971 – d.h. erst gegen Ende der Untersuchungen der Vorermittlungsstelle zu Verbrechen im Außenlager Penig – die Information, dass Ebenhöh bereits am 22.März 1951 im thüringischen Internierungslager Untermaßfeld unter ungeklärten Umständen verstorben war. Warum er dort interniert wurde, geht aus den Akten nicht hervor.

Auch einige wenige andere SS-Angehörige, die vermutlich in Penig tätig gewesen waren, konnten zumindest namentlich ermittelt werden. Ihnen konnte allerdings nicht nachgewiesen werden, Verbrechen begangen zu haben. 1973 wurden die Vorermittlungsakten der Zentralen Stelle Ludwigsburg an die Staatsanwaltschaft des Landgerichts Lübeck übergeben. Heute finden sich Kopien aller Vorermittlungsakten und der Akten der Staatsanwaltschaft Lübeck im Landesarchiv Schleswig-Holstein.

Aufseherinnen

Das Frauen-KZ Ravensbrück war maßgeblich für die Ausbildung von KZ-Aufseherinnen zuständig. Hierbei ergab sich folgende Arbeitsorganisation, die für das Außenlager Penig aufgrund der Vorbildfunktion Ravensbrücks ähnlich gewesen sein dürfte: Die Oberaufseherin verantwortete die Weiterleitung der Stärkemeldungen von Aufseherinnen und Häftlingen an den Schutzhaftlagerführer [in Penig an den Lagerführer, Anm. d. Verf.], nahm den Frühappell der Aufseherinnen ab und betreute und beaufsichtigte das weibliche Bewachungspersonal. (…) Außerdem war sie für die täglichen Kontrollen der Häftlingsbaracken zuständig und musste den Insassinnen gegen sie verhängte Strafen bekannt geben. Der Oberaufseherin unterstanden demzufolge die Aufseherinnen des SS-Gefolges, die zweifelsohne den direktesten Kontakt mit den gefangenen Frauen hatten.

Hierunter fiel auch die Möglichkeit, Gewalt gegen die Zwangsarbeiterinnen anzuwenden, wie die nachfolgende Aussage der Überlebenden Gisella Bognar belegt.„Ich erinnere mich allerdings noch an eine Aufseherin, die uns besonders brutal behandelte und auch mich oft geschlagen hatte. Sie hatte lange blonde Haare, war schlank und nicht sehr groß. Sie sah sehr hübsch aus und war etwa 25 bis 30 Jahre alt. Ihre ständige Redensart war, wer von uns Häftlingsfrauen krank sei, käme ins Krematorium. Sie trug immer eine Peitsche bei sich.“

Laut der Ermittlungsakte der Zentralen Stelle Ludwigsburg wurde der (unbekannten) Oberaufseherin im Außenlager Penig vorgeworfen, im Februar 1945 eine gefangene Frau, die zu spät zu einem Appell erschienen sein soll, mit einem Gummiknüppel sogar getötet zu haben. Des Weiteren sollen auf dem Evakuierungsmarsch Häftlinge von nicht näher bekannten SS-Soldaten und SS-Aufseherinnen erschossen worden sein. Die Vorwürfe konnten jedoch nicht bewiesen werden.

In der Untersuchungsakte der Zentralen Stelle Ludwigsburg wird auf Grundlage verschiedener Zeuginnenaussagen vermutet, dass eine Frau mit dem Vornamen „Hanna“, „Berta“, „Else“ oder „Elisabeth“ Oberaufseherin in Penig war. Einige vernommene Überlebende glaubten sich zu erinnern, dass der Name der Oberaufseherin „Elli“ oder „Elisabeth“ gewesen sei. Aus der Liste ermittelter Namen von vormaligen Aufseherinnen im Außenlager Penig kommen als vermutliche Oberaufseherin am ehesten Elli Schmeer oder Elisabeth Baschab in Frage. Neben diesen beiden sind Annemarie Bohm, Christl Bohnke, Brückert (ohne Vornamen), Anna Fritzlar, Hilda Hell, Rosel Hunsicker, Grete Koslowski, Ruth Leibnitz, Charlotte Liebau, Johanna Pfalz, Anny Rätsch, Gertrud Schellenkamps, Theres Sieland und Erika Wilms namentlich bekannt.

Nach dem Ende der nationalsozialistischen Herrschaft konnte nur für Johanna Pfalz eine mehrjährige Haftstrafe im sogenannten Speziallager Nr. 2 Buchenwald nachgewiesen werden. Sie war am 23.September 1945 durch Angehörige einer „operativen Gruppe“ des NKWD in der Stadt Werdau verhaftet und ins Speziallager Nr. 2 überstellt worden. Am 10.Dezember 1949 wurde sie aufgrund mangelnder Beweise zur Freilassung vorgemerkt und am 1.Februar 1950 schließlich aus dem Speziallager Nr. 2 entlassen.

Angehörige der Firma Max Gehrt

Von 1945 bis 1948 führte die Kriminaldienststelle Rochlitz ein Ermittlungsverfahren „wegen Misshandlungen von Fremdarbeitern (Ostarbeiter, Juden)“ gegen den vormaligen kaufmännischen Angestellten und Abteilungsleiter Walter Beckert, der im Max Gehrt-Werk tätig war. Neben Beckert konnte die Kriminaldienststelle Rochlitz den Namen eines technischen Leiters namens Grieb oder Griebe und den des kaufmännischen Leiters Böttcher ermitteln. Im Schlussbericht der Ermittlungen vom 28.Dezember 1948 wurde zudem festgehalten, dass alle relevanten Personen in die westlichen Besatzungszonen, d.h. in die spätere Bundesrepublik, verzogen waren, weshalb die betreffenden Kriminaldienststellen ihrerseits keine weitere Untersuchungslegitimation sahen. Aus dem Schlussbericht geht noch hervor, dass angeblich alle verantwortlichen Leiter des Werks 1945 von den sowjetischen Behörden inhaftiert worden waren. Hierbei kommt der Bericht zu der Feststellung, dass „[s]ämtliche Inhaftierten (...) jedoch wieder entlassen worden [sind]. Ihr augenblicklicher Aufenthalt ist der westliche Teil Deutschlands.“

Unabhängig davon tagte der Rat des Kreises Glauchau im Februar 1947. Hintergrund hierfür bildeten die sogenannten Entnazifizierungen von Betrieben, um über mögliche Anklagen gegen Angehörige der Firma Max Gehrt zu beraten, die ihren Hauptsitz in Glauchau hatte. 1941 war Max Gehrt, der die Firma gegründet und dem sie bis dahin gehört hatte, verstorben. Im selben Jahr hat dessen Sohn Paul Gehrt die Firma übernommen und sei laut der Niederschrift des Rates des Kreises Glauchau der NSDAP beigetreten, „um aus dieser Mitgliedschaft heraus ein Geschäft zu machen.“ Darüber hinaus lässt sich der Niederschrift entnehmen, dass sich Paul Gehrt in der Firma schlecht gegenüber Angestellten verhalten hätte. Der Betriebsrat der Firma äußerte sich schließlich dazu und schlug vor, Paul Gehrts Sohn, der sich noch in sowjetischer Kriegsgefangenschaft befand, nach seiner Rückkehr als Betriebsleiter ein- und seinen Vater somit abzusetzen, was der Glauchauer Entnazifizierungskommission zu genügen schien. Weitergehende Maßnahmen lassen sich der Niederschrift nicht entnehmen.